Verhinderungspflege: alles Wissenswerte zur begrenzten Entlastung der Pflegeperson
Die häusliche Pflege von hilfsbedürftigen Verwandten bzw. Angehörigen ist eine ehrenhafte, aber auch anstrengende Aufgabe, die in den meisten Fällen alles weitere in den Hintergrund rücken lässt und auf diese Weise häufig zum Hauptberuf und Lebensinhalt wird. Wer pflegt braucht deshalb auch Auszeiten in denen man sich den eigenen Belangen und Wünschen widmen kann. Aktuell ist es schwierig, Corona bedingt, einfach ein Wochenende wegzufahren oder ins Kino zu gehen. Aber Zeit für sich selbst, für Spaziergänge, Lektüre und andere Hobbies, sprich für eigene Bedürfnisse zu haben ist wertvoll und notwendig. Damit die pflegebedürftige Person in der persönlich beanspruchten Zeit dennoch die nötige Aufmerksamkeit erhält gibt es die Verhinderungspflege, für deren Inanspruchnahme der Gesetzgeber einen jährlichen Festbetrag einräumt. Hier erfahren Sie alles Wichtige was Sie zur Thematik wissen sollten.
Wie wir bereits in unserem Artikel zur Alltagspflege erwähnten, ist die Pflege von hilfsbedürftigen Personen mittlerweile ein fester Bestandteil des Angebots vieler größerer Unternehmen deren Kerngeschäft ursprünglich den unterschiedlichsten Handwerken zuzuordnen war. Auch viele unserer Kunden sind in diesem Bereich tätig oder denken über eine dahingehende Expansion nach. Die Verhinderungspflege stellt einen speziellen Aspekt der Personenpflege dar, welchen wir Ihnen hier erläutern.
Zuallererst sei erwähnt, dass jede Person ab Pflegegrad 2 in Deutschland pro Jahr ein Anrecht auf bis zu 6 Wochen Verhinderungspflege durch Angehörige oder professionelle Pflegedienste hat. Die Verhinderungspflege ist dann nötig, wenn die Eigentlich mit der Pflege beauftragte Person eine Auszeit nimmt. Dies kann verschiedenste Gründe haben, welche nicht zwingend angegeben werden müssen, wenn diese Form der Betreuung bei der Pflegekasse beantragt wird. Außerdem herrscht auch keine Nachweispflicht für den beantragten Abwesenheitszeitraum der eigentlichen Pflegeperson. Sprich es müssen keine Restaurantrechnungen, Kinokarten oder Hotelbuchungen vor-bzw. nachgelegt werden. Des Weiteren kann die Verhinderungspflege auch rückwirkend, ohne eine Antragspflicht vor der Beanspruchung, beantragt werden. Der Gesetzgeber sieht hierfür einen rückwirkenden Zeitraum von 4 Jahren vor
Dennoch gibt es einiges zu beachten, da es sich hierbei um eine begrenzte Entlastung handelt.
6-Monats-Frist
So herrscht eine 6-Monats-Frist, in welcher die pflegebedürftige Person zuvor von einer oder verschiedenen privaten Pflegepersonen betreut werden musste. Ohne gibt es kein Anrecht auf Verhinderungspflege. Allerdings muss in diesem 6-monatigen Zeitraum nicht die gesamte Zeit über gepflegt worden sein, Pflegeunterbrechungen von unter 4 Wochen führen nicht zu einer Verlängerung der vorgeschriebenen Frist. Außerdem können verschiedenen Zeitintervalle zusammengerechnet werden um 6 Monate zu ergeben, um die Frist zu erfüllen.
Zusätzlich ist eine regelmäßige Pflege durch die Pflegeperson hier ausreichend, die Erfüllung der Sozialgesetzbuch vorgesehenen sozialen Absicherung (§44 SGB XI) ist nicht erforderlich. Die Meldung einer Pflegeperson kann auch rückwirkend getätigt werden und stellt deshalb kein Hindernis bei der Beantragung dar. Dies gilt auch bei Pflege durch einen professionellen häuslichen Pflegedienst, wenn eine nahestehende Person für einen begrenzten Zeitraum einspringt und das eigentliche Pflegegeld bereits für die professionelle Pflege verwendet wurde. Die anfallenden Kosten der Ersatzpflege werden dann über die entsprechende Verhinderungspflegepauschale abgerechnet.
Es muss, wie erwähnt, in jedem Fall mindestens ein Pflegegrad 2 nachgewiesen sein. Dies ist allerdings unabhängig von der 6-Monats-Frist, hier ist nur der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege entscheidend. Die pflegebedürftige Person kann also in den 6 Monaten zuvor theoretisch auch teilweise oder komplett mit Pflegegrad 1 betreut worden sein.
Höhe des Verhinderungspflegegelds
Sollte ein professionelles Pflegeunternehmen oder eine Pflegeperson, die nicht mindestens bis zum 2. Grad mit der pflegebedürftigen Person verwandt ist, für die Verhinderungspflege beauftragt werden, besteht ab dem 2. Pflegegrad ein Anspruch von 1.612 € für insgesamt 42 Tage pro Jahr. Hier wird das Pflegegeld während der Dauer der Verhinderungspflege, bis auf den ersten und letzten Tag, nur zur Hälfte ausgezahlt.
Bei engeren Verwandten gibt es nur einen Anspruch auf das 1,5-Fache des Pflegegelds, da dieses anders als beim vorher beschriebenen Fall nicht gekürzt wird. Dies bedeutet, dass bei Pflegegrad 2 und einer von direkten Angehörigen durchgeführten Verhinderungspflege ein Anrecht auf:
316 € (Pflegegeld) + 158 (Pflegegeld *0,5) = 474 €
besteht. Allerdings könnten noch 806 €, sprich die Hälfte, des Kurzzeitpflege Geldes an Leistungen hinzugefügt werden, sollte Letztere nicht in Anspruch genommen werden. Der Anteil der Kurzzeitpflege kann in beiden Fällen beantragt werden. Im 1. Szenario der ambulanten Pflege durch ausgebildetes Personal oder entfernte Angehörige, die nicht mit der zu pflegenden Person zusammenleben, kann also sogar ein Betrag von maximal 2.418 € (1.612 € + 806 €) für die Verhinderungspflege verwendet werden.
Sowohl bei professioneller als auch bei Pflege von engen Angehörigen besteht ein Anspruch auf die volle Zahlung des Pflegegelds, wenn die Verhinderungspflege weniger als 8 Stunden pro Tag in Anspruch nimmt. Sollte die Pflegeperson einfach nur mal einen Abend entspannen wollen, sollte also nicht direkt die volle Verhinderungspflege Leistung beantragt werden, sondern nur die Stundenweise.
Anbei noch eine Übersicht zu den unterschiedlichen Beträgen, auf welche je nach Szenario Anspruch besteht:
Sollten noch Fragen offen sein empfehlen wir dieses Video des Bundesministeriums für Gesundheit: https://youtu.be/9PtNJlK5rDw