Kalkulation von Stundensätzen: Einmal durchgerechnet
Schon ab 12,90€ eine Reinigungskraft buchen! Werbungen von Portalen, die Putzkräfte zu solchen und ähnlichen Stundensätzen vermitteln, sieht man derzeit überall: Auf großflächigen Plakaten oder im Internet, häufig in Neonfarben und meist prominent platziert. Vor allem Privatkunden sollen mit diesen Angeboten erreicht und überzeugt werden.
Doch so attraktiv der Preis zunächst klingt, fragt sich doch jeder, der sich schon einmal mit Tarifverträgen und Sozialversicherungsabgaben befasst hat, sofort : Wie kann das funktionieren? Wie kommt man bei einem tariflichen Stundenlohn von 9,80€ (bzw. 8,70€ in den neuen Bundesländern) auf einen Stundensatz von 12,90€?
Das Thema, was dahinter steckt: Die Kalkulation von Stundensätzen in der Gebäudereinigung. Ein Thema, das die Branche seit jeher bewegt und immer bewegen wird. Was ist ein auskömmlicher Stundensatz? Was muss bei der Kalkulation eines Stundensatzes alles berücksichtigt werden? Wovon geht man bei der Kalkulation aus?
Auch die RAL Gütegemeinschaft Gebäudereinigung greift das Thema Stundensatz-Kalkulation immer wieder auf. So listete die RAL zuletzt 2013 in einem extra Schreiben zu dieser Thematik auf, welche Argumente Reinigungsbetriebe und Kunden in Diskussionen von Stundensätzen anführen könnten.
Bei Kalkulation führt "kein sauberer Weg" an Zuschlag von 70% vorbei
Das Mindeste, so die RAL, sei ein Kalkulationszuschlag von rund 70% auf den geltenden Mindestlohn. Hieran würde aufgrund tariflicher und gesetzlicher Vorgaben "kein sauberer Weg" vorbeiführen. Aufgrund der Sozialversicherungsabgaben und weiterer lohngebundener Kosten sei ein Zuschlag in dieser Höhe das Mindeste. Mit letzteren sind z. B. Kosten für Arbeitsbekleidung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Fahrt- und Reisekostenerstattung sowie Lohnfortzahlungen für Feiertage und im Krankheitsfall gemeint.
Hierzu kommen dann in der Regel auch noch unternehmens- und auftragsbezogene Kosten wie zum Beispiel Maschinen und Geräte, Reinigungsmittel, Gehälter für nicht produktive Mitarbeiter (technische und kaufmännische Angestellte) und natürlich der Gewinn - denn Betriebe müssen bei der Kalkulation der Stundensätze stets auch die Wirtschaftlichkeit und Stabilität des Betriebes im Hinterkopf haben. Wer all dies berücksichtigt, muss mit mit einem Zuschlag von weiteren 20 bis 50% rechnen.
Realistisch: Zuschläge von 90-120% auf den tariflichen Stundenlohn
Die RAL appelliert daher eindringlich dazu, Kalkulationszuschläge unter 90 Prozent äußerst kritisch zu analysieren. Realistisch seien sogar eher Werte zwischen 90 und 120 Prozent. Preiswertere Angebote gelte es hingegen dezidiert zu hinterfragen.
Bei einem tariflichen Stundenlohn von 9,80€ (in den westdeutschen Bundesländern) und einem Kalkulationszuschlag von 90% käme man also beispielsweise auf 18,62€, bei 120% sogar auf 21,56€ netto. Zuzüglich 19% Mehrwertsteuer läge der Brutto-Stundensatz dementsprechend bei 23,74€ bzw. 26,56€.
Wer also möchte, dass die Putzkräfte, die in den eigenen vier Wänden sauber machen, nach Tarifvertrag entlohnt werden, nach den gesetzlichen Vorgaben versichert sind und dass beispielsweise auch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie tariflich festgeschriebene Urlaubsansprüche gewährt werden, sollte Stundensätze, die deutlich unter 20€ netto bzw. 25€ brutto liegen, dementsprechend kritisch hinterfragen. Denn realistischerweise ist es bei so günstigen Angeboten so gut wie unmöglich, alle gesetzlichen und tariflichen Vorgaben einzuhalten.